Geld, Hafermilch, Erziehung, Joghurt, Schwiegermutter, Geschirrspüler, Sex, Socken, Urlaub – Paare streiten sich über alles Mögliche. Manchmal geht es tatsächlich darum, wer den letzten Joghurt aus dem Kühlschrank genommen hat. Meistens aber sind das nur Stellvertreterkriege. Der wahre Konflikt liegt tiefer.

Und genau hier kommt Tanzen ins Spiel.

Warum streiten wir? Ein Blick unter die Oberfläche

Laut dem amerikanischen Psychologen Howard Markman gibt es drei wesentliche Konfliktfelder in Beziehungen:

1. Power & Control – Wer führt?

Wer entscheidet in eurer Beziehung? Wer bestimmt die Richtung? Wer geht arbeiten, wenn das Kind krank ist? Wer darf länger auf der Party bleiben?

Im Tanzkurs wird genau diese Dynamik spielerisch erfahrbar. Führen und Folgen sind hier nicht nur Konzepte, sondern eine direkte körperliche Erfahrung. Du lernst, wie Führung auch auf sanfte Weise funktioniert – nicht als Befehlsausgabe, sondern als Einladung. Und wie wichtig es ist, Raum zu geben und Vertrauen zu haben, damit es funktioniert. Ein Tanzkurs kann euch dabei helfen, eure Rollen neu auszutarieren, ohne dass es dabei um Machtkämpfe geht.

2. Trust & Closeness – Vertrauen und Nähe

Kann ich mich auf dich verlassen? Unterstützt du mich, wenn es schwierig wird? Vertraust du mir? Sitzen wir im gleichen Boot?

Tanzen erfordert genau das: Vertrauen. Wenn ihr gemeinsam einen neuen Tanz lernt, müsst ihr euch aufeinander verlassen. Ihr spürt, wie wichtig es ist, einander zu stützen – ganz ohne Worte. Und wenn ihr euch mal auf die Füße tretet? Dann lacht ihr zusammen und macht weiter. Ein Tanzkurs zeigt, dass Nähe nicht bedeutet, perfekt zu sein, sondern gemeinsam durch kleine Fehler zu wachsen.

3. Respect & Recognition – Wertschätzung und Anerkennung

Werde ich gesehen? Bin ich wichtig? Wird meine Arbeit geschätzt? Oder stehe ich immer in deinem Schatten?

Beim Tanzen geht es um gegenseitige Anerkennung. Ihr spürt, wie entscheidend es ist, das Gegenüber wahrzunehmen, kleine Signale zu erkennen, aufeinander einzugehen. Eine fließende Bewegung entsteht nur, wenn beide sich gegenseitig respektieren und wertschätzen. Diese Erfahrung kann helfen, den Partner auch im Alltag bewusster wahrzunehmen.

Warum ein Tanzkurs ein spannendes Experiment für euch sein kann

Eine Paartherapie kann helfen, tieferliegende Probleme aufzudecken und gezielt daran zu arbeiten. Doch nicht jedes Paar braucht oder möchte eine therapeutische Begleitung. Ein Tanzkurs kann eine spielerische Alternative sein, um die Beziehung zu stärken. Hier stehen nicht Probleme und Konflikte im Mittelpunkt, sondern gemeinsame Erlebnisse, Berührung und Synchronisation.

Bewegung, Musik und Freude schaffen eine Atmosphäre, in der sich Nähe und Vertrauen fast von selbst entwickeln. Durch das Tanzen erlebt ihr euch auf eine neue Weise und könnt dadurch vielleicht auch außerhalb des Tanzsaals entspannter und harmonischer miteinander umgehen.

Fazit: Bewegung bringt Bewegung – auch in eurer Beziehung

Wenn ihr merkt, dass sich eure Konflikte immer wieder um dieselben Themen drehen, dann probiert doch mal einen neuen Zugang: Tanzt zusammen! Ihr werdet erstaunt sein, wie sich eure Dynamik verändert. Vielleicht ist es am Anfang ungewohnt – aber genau das macht den Reiz aus. Denn Tanzen lehrt uns nicht nur Schritte, sondern auch, einander besser zu verstehen.

Und wer weiß? Vielleicht wird der nächste Streit über den letzten Joghurt ja durch einen kleinen gemeinsamen Tanz aufgelöst.

Wer schreibt hier?

Oliver Fleidl ist ADTV-Tanzlehrer, Ausbilder und kreativer Kopf seiner Tanzschule. Seit über 20 Jahren begeistert er Menschen mit seiner Leidenschaft für Unterricht, der wirklich entspannt – und gleichzeitig wirkt.

Er liebt klare Strukturen, neue Ideen und stellt gerne alles infrage, was „man halt so macht“. Sein Motto: „Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht gut genug verstanden.“